top of page
  • Patrick Sigrist

DIE FAMILIENBANK

Viele fragen sich jetzt wahrscheinlich, wenn Sie den Titel dieses Artikels lesen, warum wir einen Artikel über die «Hausbank» einer Familie verfassen. Weit gefehlt: Unter «Familienbank» verstehen wir eine Beratungslösung, bei welcher – vereinfacht gesagt – der überwiegende Teil des «Familienvermögens» in einer juristischen Person konzentriert wird und die Nachkommen am Vermögen mittels Anteilen dieser juristischen Person beteiligt werden. Vielfach geschieht diese Vermögensübertragung an die nächste Generation unter Einbezug einer sogenannten «Erbenholding».


Wir sind in letzter Zeit das eine oder andere Mal mit einer «Familienbank»-Lösung konfrontiert worden und mussten feststellen, dass den beteiligten Personen vielfach nicht alle Vor- und Nachteile dieses «Konstrukts» bekannt waren bzw. detailliert aufgezeigt worden sind und im Nachhinein die bewusste Entscheidung zur Schaffung dieses Konstrukts anders verlaufen wäre.


In unserem Artikel wollen wir erläutern, was wir konkret unter einer «Familienbank» verstehen, welche primären Überlegungen zur Schaffung einer «Familienbank» führen und was die damit verbundenen Vor- und Nachteile sind – und zwar unter Einbezug sämtlicher relevanter Komponenten, wie zum Beispiel psychologischer Aspekte – ja, eine Prise Polemik ist unser Markenzeichen und wird auch in den untenstehenden Zeilen nicht fehlen …

 

Familienvermögen – ab ins Sparschwein

Am besten erklären wir das Wesen einer Familienbank anhand eines fiktiven illustrativen Beispiels von Herr und Frau Müller mit der Müller AG (mit eigener Gewerbeimmobilie). Herr und Frau Müller haben drei gemeinsamen Kinder und verfügen nebst der Müller AG noch zusätzlich über 5 Liegenschaften (2 Mehr­familienhäuser, 1 STWE-Wohnung, eine Ferienwohnung im Südkanton sowie Land­wirtschaftsland), Wertschriften und Gold. Herr und Frau Müller halten alle Vermögenswerte im Privatvermögen.





In fünf Jahren kommen Herr und Frau Müller in die Pension – und sie zerbrechen sich schon den Kopf, wie sie ihren Nachlass regeln sollen. Dieses Thema liegt Herr und Frau Müller schwer auf dem Magen – sie wollen keines der Kinder verärgern oder unfair behandeln. Ausserdem belastet sie auch ihre hohe private Steuerbelastung.


Herr und Frau Müller gelangen mit der Frage, wie sie weiter verfahren sollen, an ihren langjährigen Treuhänder, Herr Meier. Herr Meier, ein Treuhänder, welcher mit der Zeit geht und sich laufend weiterbildet, skizziert als möglichen Lösungsvorschlag die Schaffung einer Holdinggesellschaft «Müller Holding AG» mit Sachübernahme sämtlicher Vermögenswerte (Anm. Grundstückgewinnsteuern im vorliegenden Fall vernachlässigbar). Nach dieser Umstrukturierung halten Müllers mit Ausnahme einiger privater Bankkonti alle Vermögenswerte über die Müller Holding AG; die Müller Holding AG thesauriert sämtliche Gewinne – die Müller AG wiederum zahlt Herr und Frau Müller nur rudimentäre Saläre aus. Die private Steuerbelastung von 50 % würde sich auf 25 % reduzieren (die Vermögenssteuer schenkt immer noch stark ein) – alle übrigen Einkünfte versteuert nun die Holding mit einem Gewinnsteuersatz von 18 %. Die Situation für Müllers präsentiert sich nun wie folgt:





Der Vorteil – so Treuhänder Meier – sei ebenfalls, dass Herr und Frau Müller einmal die ganze Müller Holding AG ihren Kindern zu je 1∕3 vererben können (d.h. jeder bekommt defacto gleich viel am familieneigenen Vermögen). Findet dieser Erbgang bereits zu Lebzeiten von Herrn und Frau Müller mittels Verkauf und kombiniertem Erbvorbezug statt, so realisieren Herr und Frau Müller im Umfang des Verkaufserlöses einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn.





Zur weiteren Steueroptimierung würden Müllers Kinder gemeinsam eine Erbenholding Müller AG gründen, welche die Müller Holding AG gegen Darlehensgewährung von Herr und Frau Müller erwerben würde – die Darlehensschuld würde dann durch zukünftige Dividenden amortisiert werden; nach 5 Jahren steuerlicher Sperrfrist könnte dann auch auf die Substanz der «fetten» Sau Müller Holding AG zugegriffen werden und als Substanzdividende an die Erbenholding Müller AG ausgeschüttet werden, welche die Erbenholding Müller AG zur vollständigen Darlehensrückzahlung verwenden könnte. Und so bliebe das Familienvermögen auch über mehrere Generationen zusammen, d.h. ist entsprechend gesichert – 
wie vermögende Familien mit Ihren Familienstiftungen und die Patrizier mit Ihren Familienfideikommissen …


Herr und Frau Müller sind begeistert vom Vorschlag Ihres Treuhänders und wollen die «Familienbank»-Lösung so umsetzen. Doch wurde die ganze Sache wirklich zu Ende gedacht …?  


Die Einfachheit, das liebe Geld und die verhassten Steuern

Wir lassen die Antwort auf unsere Frage noch offen und wenden uns zuerst der Frage zu, warum entsprechende «Familienbank»-Lösungen empfohlen und umgesetzt werden.


Ja, es gibt Sie, die Vorteile, welche aus der Schaffung einer «Familienbank» herausgehen. Dem aufmerksamen Leser sind nahezu alle Vorteile aus der Argumentation von Treuhänder Meier bekannt – es sind dies:

  • Langfristiger Erhalt des Familienvermögens

  • Steueroptimierung der IST-Situation

  • Einfacher, gerechter & konfliktfreier Nachlass des Familienvermögens 
 (es bekommt jeder gleichviel Anteil an der fetten Sau)


Die abstrakt formulierten Vorteile erscheinen einem jeden Leser plausibel – auf Details wie «wie viel» gehen wir an dieser Stelle bewusst nicht ein – um dies zu beantworten muss man den konkreten Einzelfall «durchrechnen».

  

Faktor Mensch – passen «Rot», «Grün», «Blau» und «Gelb» doch nicht zusammen?

Und nun kommen wir doch zu unserer Frage – wurde das ganze wirklich zu Ende gedacht? Dreht sich im Leben doch am Ende alles um Vermögenszusammenhalt und Steuerersparnis?

Wir glauben nein, nicht wirklich, d.h. die «Familienbank»-Lösung muss auch kritisch durchleuchtet werden – vor allem mit Blick auf die «weichen» Faktoren.


Es «menschelt» ist ein gängiges Wort in der Umgangssprache, um menschliche Konflikte zu beschönigen. Doch woher kommen diese Konflikte? Aus den Unterschieden der menschlichen Psychologie!


Die obenstehenden Illustrationen von Familie Müller suggerieren eine Harmonie, welche mit der Realität selten korrespondiert.


Beispielsweise die Kinder: Es kann sein, dass es sich hierbei um drei komplett unterschiedliche Charaktere handelt mit unterschiedlichen Wertevorstellungen und Leistungsausweisen mit Blick auf das Mitwirken im familieneigenen Betrieb.


Von den drei Kindern hat vielleicht nur eines ein Interesse an der Übernahme der «Müller AG» – als einziges seit Jahren zu einem eher moderaten Lohn mit «überdurchschnittlichem» Einsatz voll mitgearbeitet im Betrieb. Dieses Kind hat vermeintlich keine Lust, die «Müller AG» mit nur einem «1/3»-Anteil weiterzuführen – ein Verkauf von der Müller Holding AG an das Kind ist zwar möglich, jedoch nur zum Verkehrswert, d.h. ohne üblichen familieninternen Abschlag von 30 – 50 % des Unternehmenswertes. – mit Blick auf sein «überdurchschnittliches» Engagement wäre es im vorliegenden Fall «gefühlt» betrogen…


Desweitern müssen nicht alle drei Kinder über die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse verfügen, um so ein Konstrukt «verwalten» zu können – in dieser Situation frohlockt der Berater mit üppigen Stundenansätzen …


Auch besteht ein grosses Konfliktpotenzial mit Blick auf die Entscheidungsfindung – vor allem dann, wenn die fette Sau an die nächste, übernächste und überübernächste Generation über Erbenholding weitergegeben wird. Worst Case sind dann ab der 4. Generation 30 Personen beteiligt mit 20 verschiedenen Meinungen bzgl. Handhabung einzelner Vermögenswerte (z.B. Liegenschaft XY – Sanierung, Verkauf, Umnutzung etc.). Das Ganze wird irgendeinmal sehr schwerfällig – und ist das Familienvermögen nicht ein geschlossenes Ökosystem, welches ohne proaktives Mitwirken der Familienangehörigen funktioniert – dann gute Nacht liebe «Familienbank».


Und zu guter Letzt muss man sich in die Lage der «Erblasser» versetzen. Es kann zum Beispiel sein, dass Müller-Senioren «Patriarchen» alter Schule sind und eigentlich noch über das ordentliche Pensionsalter hinaus im Betrieb als «Primus inter Pares» weiterarbeiten möchten.


Mit dem Verkauf der Müller Holding AG an die Erbenholding Müller AG verlieren diese «defacto» die Kontrolle über das gesamte Familienvermögen.


Kritische Stimmen werden jetzt monieren, man könne dieses Problem lösen über die Schaffung von Stimmrechtsaktien und Rückbehalt bei der vorherigen Generation. Ja, aber das Ganze wir dann für KMU-Verhältnisse sehr komplex …


Und das Grundproblem, dass jegliche Flexibilität bei der Nachlassplanung verloren geht, bleibt bestehen. Zeiten ändern sich, Menschen ebenso. Hierauf sollte bei der Nachlassplanung mit Flexibilität reagiert werden können.


Wurde nun die ganze Sache zu Ende gedacht? Wir glauben nicht – wenn Herr und Frau Müller auch die Nachteile bekannt sind der «Familienbank»-Lösung – sie werden die eine oder andere Nacht vor dem finalen «Go» zur Umsetzung darüber schlafen und Alternativen prüfen zur Steueroptimierung (welche es gibt) – und vielleicht zum Schluss kommen, dass die «Familienbank»-Lösung in ihrem Fall mit Blick auf ihre Familie nicht die optimale Lösung ist …

  

Schlusswort

Ist das Konstrukt der Familienbank also bloss Augenwischerei und die Ursache von neuen Problemen? Nicht unbedingt. Es muss immer der Einzelfall betrachtet werden. Es gibt Konstellationen, in denen es sinnvoll sein kann, Vermögenswerte in eine juristische Person zu überführen. Dabei darf jedoch nicht nur die kurzfristige Steuerplanung berücksichtigt werden, es müssen langfristige Überlegungen angestellt werden. In den meisten Fällen wird sich dabei herausstellen, dass die Übertragung des operativen Betriebs in eine «Familienbank» wohl nur in ganz spezifischen Situationen sinnvoll ist. Im dargestellten Beispiel wäre der Verkauf – mit, ohne oder Erbvorbezug – an das mitarbeitende Kind wohl die nahe­liegendere Option, insbesondere, da noch weitere Vermögenswerte vorhanden sind, um eine allfällige Ungleichbehandlung der Erben auszugleichen.


Die beste Lösung für den langfristigen Vermögenserhalt einer Familie ist ebenso individuell wie die familiäre Situation und die FamilienmitgliederInnen.

47 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page